Stromer der Meisterklasse

22.08.2022

Kia EV6 GT-Line AWD

Mit dem EV6 präsentierte Kia seinen ersten Premium-Stromer als Crossover-Sportler. Und dieser schaffte mit dem Titel "Car oft he Year 2022" gleich den Einzug in die Meisterklasse. Der Kia EV6 ist nach dem Hyundai Ioniq 5 das zweite Elektroauto auf Basis der Electric Global Modular Platform (E-GMP). Während das Design des baugleichen Hyundai moderne kühle ausstrahlt, ist der EV6 sportlich sexy. Das beginnt mit einer bulligen Motorhaube, über eine breite, geduckte Haltung bis zu der Charakterlinie unter den Türen die im hinteren Bereich lässig nach oben schwenkt.

Der Koreaner wird mit Hinterrad- oder Allradantrieb angeboten. Unser Test-EV6 GT-Line wurde über alle vier Räder angetrieben, dazu verfügte er mit der 77,4 kWh Batterie über den größeren Akku (der Speicher des Basismodells verfügt über 55 kWh). Zwei Elektromotore (74 und 165 kW) sorgen für eine Gesamtleistung von 239 kW. Der Antrieb legt beim Beschleunigen vehement los und reicht für einen Top-Speed von 188 km/h. Doch von letzterem raten wir ab. Dann steigt nämlich der Stromverbrauch sofort auf über 30 kWh und verkürzt die Reichweite letztlich im Zeitraffer.

Wie Hyundais Ionic 5 fährt auch der EV6 miteiner800-Volt-Technik, die den Ladevorgang erheblich verkürzen kann. So kann eine Schnellladung von 10 auf 80 Prozent unter den günstigsten Bedingungen in knapp 20 Minuten erfolgen. Ein Sparwunder in Sachen Stromverbrauch ist der EV6 aber nicht: Wir pendelten zwischen 21 und 24 kWh/100 km. Damit waren 320 bis 370 km möglich. Die Norm-Angaben liegen bei 18 kWh und 506 km Reichweite.

Eine Besonderheit des Allradsystems aller E-GMP-Fahrzeuge ist die mechanische Kupplung, die den vorderen Elektromotor von der Achse trennt, wenn dieser nicht gebraucht wird. Das verhindert Schleppverluste und soll die Reichweite um bis zu acht Prozent erhöhen.

Als Fahrer blickt man auf die gleichen zwei 12,3-Zoll-Displays wie beim Ioniq 5, unter dem Touchscreen gibt es jedoch eine Einstellleiste mit zwei physisch vorhandenen Rädchen, deren Belegung sich per Fingertipp umstellen lässt - eine Platz sparende, elegante Lösung. Weitere Schmankerln: die Vordersitzlehnen lassen sich als Kleiderbügel-Ersatz nutzen sowie die freischwebende Mittelkonsole mit Gangwahldrehregler und zahlreichen Ablagen, die sich auch längs verschieben lässt.

Wie beim Hyundai erscheinen beim Blinken runde Kamerabilder vom toten Winkel im Instrumentendisplay und wie beim Ionic 5 sind sie anfänglich gewöhnungsbedürftig. Ebenfalls vom Schwestermodell bekannt sind die weit nach hinten umklappbaren Lehnen der Vordersitze. Damit kann man zum Beispiel in der Ladepause gut entspannen. Dass die Türgriffe eingezogen werden, ist natürlich ein Designhit, so richtig griffig sind die schräg herausstehenden Sticks beim Öffnen aber nicht.

Der EV6 hat fünf Rekuperationsstufen. Wer das One-Pedal-Driving liebt, aktiviert dazu Max, die Stufe mit maximaler Energierückgewinnung. Die vier schwächeren Stufen lassen sich über die Lenkradwippen aktivieren. Diese Lösung hat uns schon beim Hyundai sehr gefallen, weil man so schnell auf den Straßenverkehr reagieren kann.

Mit der sogenannten Vehicle-to-Load-Funktion verfügt der EV6 auch über die Möglichkeit des bidirektionalen Ladens. Das heißt, die Hochvoltbatterie kann als Powerbank fungieren und externe Elektrogeräte wie E-Bikes, oder E-Scooter mit bis zu 230-Volt-Wechselstrom versorgen. Damit kann der Kia aber sogar Pannenhilfe leisten und andere Elektrofahrzeuge aufladen.

Den Elektroantrieb und viele Goodies des Kia EV6 kannten wir schon vom Hyundai Ioniq 5. Das Fahrwerk ist aber etwas sportlicher ausgelegt als beim Ioniq 5. Wie also soll man sich zwischen den beiden Modellen entscheiden? Wir würden sagen: nach Gusto. Und das heißt hier vor allem nach der Außenoptik. So gesehen nehmen sich die beiden koreanischen Hersteller wohl kaum gegenseitig Kunden weg. Denn die unterschiedliche Optik der beiden zieht wohl auch unterschiedliche Käuferschichten an.


Kia EV6 GT-Line AWD

Motor: Permanent Synchron-Elektromotor, 293 kW / 326 PS,

350 Nm max. Drehmoment

Batterie: Lithium Ionen 77,4 kWh

Ladedauer: Schuko einphasig, 10A (10-100%) ca. 32:45 h

Wallbox 11 A (10-100%) 7:20 h

DC-Schnellladung bis zu 350 kW (10-80%) 0:18 h

CO2: 0 g/km

Antrieb: Allradantrieb, 1-stufiges Reduktionsgetriebe

Spitze: 185 km/h

Testverbrauch: 21,0 - 24,1 kW/h/100 km

Kofferraum: 520 - 1.300 Liter - Frunk (Kofferraum vorne) 20 Liter

Preis: ab 49.980,- €, Preis des Testwagens 67.390,- € (0% NOVA)