Der hat das Zeug zum Kultfahrzeug

30.09.2022

Kurztest - Smart #1

Smart stellt sich komplett neu auf. Es soll bald nur mehr rein elektrisch angetriebene Fahrzeuge geben. Nächstes Jahr startet mit dem #1 (gesprochen "Hashtag One") der erste elektrische SUV von Smart. Wir fuhren das Fahrzeug bereits auf einer Testroute in Portugal.

Mit dem elektrischen Smart #1 verabschiedet sich die Marke von der Mikromobilität des Smart Fortwo. Gebaut wird das neue Modell in China,Smart ist nämlich mittlerweile ein Joint-Venture von Mercedes und dem chinesischen Hersteller Geely. Das Design kommt allerdings aus Europa. Mercedes-Chefdesigner Gorden Wagener will Smart zu einer "führenden Designmarke" machen. Im #1 sind bereits sehr gelungene Ansätze zu sehen. Der Smart SUV ist ein erwachsenes Auto und trotzdem knuffig und cool. Die Kurven sind rund, die Form ist stimmig und "die Karosserie lädt ein das Auto zu berührten", so der Designer.

Unter der hübschen Verpackung gibt es auch Erwähnenswertes: In der Mitte des Armaturenbretts thront ein großer 12,8-Zoll-Bildschirm, über den das Meiste bedient wird und erinnert frappant an den Tesla Model 3. "Richtige" Tasten sind Mangelware, und hinter dem Lenkrad findet sich nur noch ein sehr kleines Display für Tacho, Ladezustand und Reichweite. Alles wirkt modern und nicht überfrachtet, dazu gibt es eine Ambientebeleuchtung mit 64 Farben. Natürlich lassen sich, wie heute üblich, Software-Updates "over the air" einspielen, ein Avatar als "intelligenter Begleiter" in Gestalt eines Fuchses soll dem Fahrenden via Sprachsteuerung Arbeit abnehmen.

Die Motorleistung mit 200 kW/272 PS ermöglicht sportliche Fahrleistungen. So beschleunigt das gefahrene Standard-Modell in 6,7 Sekunden auf Tempo 100, die Spitze liegt bei 180 km/h. Die Kraft merkt man schon beim ersten Druck auf das Gaspedal. Dazu ist der #1 wirklich sehr leise: Die Geräuschdämmung macht, ebenso wie die Federung, einen sehr guten Eindruck. Mehr Leistung bietet die noch potentere Brabus-Version an. Mit 315 kW/428 PS, aufgeteilt auf einen Front- und einen Heckmotor. Allradantrieb ist hier Serie, beim "normalen" #1 wird die Kraft auf die Hinterräder übertragen.

Zwei Rekuperationsstufen sind einstellbar, eine "Segel-Funktion" sucht man allerdings vergeblich. Dieses lange Ausrollen des Fahrzeuges ohne, dass es abbremst, kann schließlich am meisten Energie sparen bei einem Elektroauto und soll aber nachgereicht werden. Die ein oder andere Taste mehr im Cockpit hätte sicher nicht geschadet. Wer die Außenspiegel beispielsweise verstellen will, muss sich über das Display in der Cockpitmitte durch die Menüs klicken, um dann mit den Lenkradtasten die Spiegel zu justieren. Eher umständlich denn praktisch.

Im Unterboden befindet sich eine für diese Fahrzeugklasse ungewöhnlich große 66-kWh-Batterie (netto nutzbar 64), die eine Reichweite nach WLTP von bis zu 440 Kilometern ermöglichen soll. Auf unseren Testfahrten schienen 380 Kilometer als realistisch. Geladen wird anAC-Säulen mit bis zu 22 kW, auch das ist eher die Ausnahme als die Regel. Die meisten Elektroautos liegen hier bei elf kW. Rein rechnerisch soll sich die Batterie an einer öffentlichen AC-Säule also in drei Stunden laden lassen. Leider lädt die Basisversion namens Pro+ nur mit 7,4 kW, erst die teureren Versionen kommen mit 22-kW-Lader. An DC-Schnellladesäulen sind bis zu 150 kW Ladeleistung möglich - Smart verspricht eine Ladezeit von unter 30 Minuten für den Hub von zehn auf 80 Prozent.

Über die Smart-App kann das Auto schlüssellos via Smartphone geöffnet, gestartet und zugleich mit anderen "geteilt" werden. Ein privates Carsharing also. Die Türgriffe fahren elektrisch aus, wenn sich der Besitzer oder die Besitzerin nähert, und die Scheiben sind rahmenlos - wie bei einem Coupé. Eines ist der neue Smart aber nicht mehr: ein Parkfloh, der in jede Lücke, wenn es sein muss auch quer, passt. Schließlich kommt das neue Modell auf Maße, die in etwa denen eines VW entsprechen. 4,27 Meter Länge, 1,82 Meter Breite und 1,64 Meter Höhe.

Ab Mitte Oktober kann der Smart #1 vorbestellt werden. Vier Ausstattungsvarianten - darunter auch die Topausstattung #1 Brabus - sind ab diesem Zeitpunkt bestellbar. Dass angesichts des Gebotenen der neue Smart kein Schnäppchen werden wird, war abzusehen. Der Basispreis beginnt mit 42.400,- €, für den #1 Brabus muss man 49.900,- € reservieren. Immerhin stellt Smart für Mitte 2023 noch eine günstigere Version mit kleinerer Batterie (um 44 kWh) in Aussicht.

Michael Stenzel


Technische Daten (Herstellerangaben)

Smart #1

Motor/Antrieb: Elektromotor, 200 kW/272 PS, 343 Nm Drehmoment, Heckantrieb

Fahrleistungen:  0-100 km/h in 6,7 s; 180 km/h Spitze

Batteriekapazität brutto / netto:  ca. 66 / 64 kWh

max. Ladeleistung AC / DC 22 (Basis 7,4 kW) / 150 kW

Verbrauch nach WLTP:  17,0 kWh/100 km

Reichweite nach WLTP:  420-440 km

Maße L 4,27 / B 1,82 / H 1,64 m

Kofferraum normal / umgeklappt 273-411 l / k. A.

Leergewicht / Zuladung:  1800 / 425 kg


Smart #1 Brabus

Motor/Antrieb Elektromotor 315 kW/428 PS, 543 Nm Drehmoment, Allradantrieb

Fahrleistungen:   0-100 km/h in 3,9 s; 180 km/h Spitze

Batteriekapazität brutto / netto:   ca. 66 / 64 kWh

max. Ladeleistung AC / DC:   22 / 150 kW

Verbrauch nach WLTP:   17,9 kWh/100 km

Reichweite nach WLTP:   400 km

Maße L 4,30 / B 1,82 / H 1,64 m

Kofferraum normal / umgeklappt: 273-411 l / k. A.

Leergewicht / Zuladung: 1900 / 425 kg